Entstehungsgeschichte


Ausgangspunkt

Im Jahr 2016 hat das Berufskolleg Rheine des Kreises Steinfurt die Gründung eines zdi-Schülerlabors unter dem Namen “Lernwerkstatt 4.0” beantragt. zdi steht für die Gemeinschaftsoffensive “Zukunft durch Innovation”, ist ein vielschichtiges NRW-weites Programm und hat sich seit 2005 der MINT-Förderung verschrieben. Das Netzwerk will die Begeisterung für die Fächer Mathematik, Naturwissenschaften, Informatik und Technik bei Schülerinnen und Schülern wecken, denn in diesen Sparten ist ein dauerhafter Mangel an Fachkräften zu konstatieren. Gerade mit Blick auf die Sicherung des Industriestandorts Deutschland und die immer stärker in unseren Alltag dringende Digitalisierung erfordert es, dass ein besonderes Augenmerk auf naturwissenschaftlich-technischen Nachwuchs gerichtet werden muss.

Im zdi-Bereich wirkt das Berufskolleg Rheine bereits seit langer Zeit als innovativer Akteur mit. Im Juli 2013 war die Schule Gastgeber der Gründungsveranstaltung des zdi-Zentrums des Kreises Steinfurt in der Aula, das von der damaligen NRW-Wissenschaftsministerin Svenja Schulze feierlich eröffnet wurde. Seitdem hat das Berufskolleg Rheine ein breites Kursangebot entwickelt und richtet zdi-BSO-MINT-Kurse zur Berufs- und Studienorientierung für Sekundarstufe I-Schulen im Kreis Steinfurt aus oder veranstaltet jährlich einen Macht MI(N)T-Tag gemeinsam mit Unternehmen der Region sowie einen MINT-Day mit hausinternen Workshops.

Bei der Finanzierung des zdi-Schülerlabors handelt es sich um eine 50-prozentige Kofinanzierung aus EFRE-Mitteln (Europäischer Fonds für regionale Entwicklung) und aus Mitteln des Schulträgers, der Kreis Steinfurt, das eine Investitionssumme von ca. 1,6 Mio. € umfasst. Die politischen Entscheidungsgremien des Schulträgers hatten ihre Einwilligung zur Mitfinanzierung bereits im Herbst 2016 gegeben. Ende 2016 kam dann der Bewilligungsbescheid des Dezernats 34 der Bezirksregierung Detmold.

Ein zdi-Schülerlabor stellt einen außerschulischen Lernort dar, der über ein fachlich-inhaltliches und didaktisch besonders hochqualifiziertes Angebot im MINT-Bereich verfügt und mit einer experimentellen Lernumgebung unter Labor-Aspekten aufwartet. Das Berufskolleg Rheine versteht sich seit jeher als Träger von gewerblich-technischen Bildungsangeboten und will in der Lernwerkstatt 4.0 die Bereiche Elektrotechnik, Maschinenbautechnik und Informatik abdecken und miteinander bündeln – erweitert um den Aspekt 4.0. Unter dem Stichwort “Industrie 4.0” wird heute die vierte industrielle Revolution verstanden, die alle Komponenten im Produktionsprozess miteinander vernetzt (“Internet of things”). Hierbei können Werkstücke der Losgröße 1 gefertigt werden, wodurch sich individualisierte Einzelstücke zu den geringen Kosten der Massenproduktion fertigen lassen. Nach der Industrialisierung mit Dampfmaschine, dem Aufbau der Fließbandarbeit und dem Einzug der Elektronik und Steuerungstechnik in die Industrie soll jetzt der Wertschöpfungskette in den Unternehmen Intelligenz beigebracht werden. Die Unternehmen verändern sich zu “Smart Factories”, wobei in der Produktion modernste Informations- und Kommunikationstechnik zum Einsatz kommt. Die Maschinendaten werden fortlaufend ausgewertet und erlauben beispielsweise eine vorausschauende Instandhaltung. Der Ansatz von Industrie 4.0 soll dementsprechend mit der Lernwerkstatt 4.0 abgebildet werden.

Es gibt eine Vielzahl von “Letter of Intents” mit hiesigen klein- und mittelständischen Unternehmen, kurz KMUs, die die Errichtung des zdi-Schülerlabors ausdrücklich begrüßen und dokumentieren, dass Industrie 4.0 bereits jetzt ein Thema ist oder in naher Zukunft an Bedeutung gewinnen wird. Bei den KMUs im Münsterland handelt es sich häufig um “Hidden Champions”, die mit ihrer Produktpalette zu Weltmarktführern zählen oder Zulieferer für Großkonzerne sind. Ferner haben sich die Fachhochschule Münster und das zdi-Zentrum des Kreises Steinfurt mit einer Kooperationsvereinbarung angeschlossen. Durch das Zusammenwirken dieser wichtigen Akteure soll die Lernwerkstatt 4.0 Leuchtturmcharakter für die Region haben und letztlich das gemeinsame Ziel, die Rekrutierung von Fachkräften für den Kreis Steinfurt, um in der modernen Arbeitswelt mit seinen spezifischen Anforderungen zu bestehen, offensiv verfolgen.


Konzept

Realisiert werden soll die Lernwerkstatt 4.0 im nahezu gesamten Erdgeschoss des E-Gebäudes des Berufskollegs Rheine an der Sprickmannstraße 9. Der Baubeginn der Maßnahme war im Juni 2017. Die bauliche Umsetzung soll Ende des Jahres 2017 abgeschlossen sein. Um später eine Produktivumgebung nach modernen Maßstäben zu verwirklichen, werden bei der Entkernung die zum Flur liegenden Innenwände herausgebrochen und durch Glasfronten ersetzt, damit jederzeit einsehbar ist, wer gerade mit welcher Aufgabe betraut ist. Eine ganz neue Form der teamorientierten Zusammenarbeit ermöglicht dies und lässt sich gut in aktuelle didaktische Ansätze einbetten. Herzstück der Lernwerkstatt 4.0 wird eine Produktionsstraße sein und als weitere zentrale Komponenten werden eine Fräsmaschine, ein Laser, 3D-Drucker, 3D-Scanner sowie kollaborierende Roboter (“CoBots”) zum Einsatz kommen.

Die Lernwerkstatt 4.0 soll aktuelle Entwicklungen und Trends vor dem Hintergrund der in der Gesellschaft stattfindenden Digitalisierung praktisch erlebbar machen. Das Lernsetting erlaubt eine Unternehmenssimulation in unterschiedlichen Komplexitätsgraden und soll den teilnehmenden Schülerinnen und Schülern an einem Kurstag den Weg von der Idee zum Produkt aufzeigen. Dabei gruppieren sich die Teilnehmer selbstgesteuert in Bereiche wie Technik, Kommunikation, Forschung, Design, Finanzen ein und nutzen für ein erfolgreiches Lernprodukt Synergien.

Das zdi-Schülerlabor, dessen Eröffnung für den Juni 2018 vorgesehen ist, kann als außerschulischer Lernort einen Tag pro Woche von weiterführenden Schulen im Kreis Steinfurt (Klassen 8 bis 13) gebucht werden. Angestrebtes Auslastungsziel der Lernwerkstatt 4.0 sind zwei Tage pro Woche für externe Schulen. Vor Ort werden neben Lehrkräften auch Ausbilder und Auszubildende von Partnern aus Industrie sein, um deren Firmenportfolio aber auch deren Angebote zur Studien- und Berufsorientierung zu präsentieren und aktiv auf die Qualifikationen künftiger Mitarbeiter Einfluss zu nehmen. Darüber hinaus sollen weitere Kursprogramme etabliert werden. Mithilfe von Teilnehmerbefragungen soll das Konzept evaluiert und laufend weiterentwickelt werden.

Bei der Konzeptentwicklung sind Ideen vom Berufskolleg Kreis Höxter eingeflossen, die seit einigen Jahren erfolgreich das zdi-Schülerlabor tec4you-lab betreiben und für die wiederum das Covestro Science Lab von Bayer in Leverkusen impulsgebend war.

Stand: 24.08.2017